Starkes Team – starke Leistung!

Birgit Stülten
Mit Stärkenorientierung mehr erreichen

„Motivierende Führung fokussiert sich auf die Stärken der Mitarbeiter/innen, nicht auf deren Schwächen.“ Diese Ansicht ist mittlerweile mehrheitlich anerkannt und klingt logisch – schließlich ist es weitaus motivierender, Anerkennung zu erhalten als kritisiert zu werden. Die Fokussierung auf Stärken statt Schwächen erzeugt auf Dauer Leistungsbereitschaft, Zufriedenheit und  Lebensqualität. Mehr Stärkenorientierung in der Führung lässt sich im Arbeitsalltag jedoch nicht so einfach umsetzen – gleich drei Gründe stehen dem entgegen. Wie es dennoch gelingen kann, lesen Sie in diesem Beitrag. Was ist stärkenorientierte Führung?

Stärkenorientierte Führung bedeutet, die eigenen Stärken oder die Stärken eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin zu nutzen, statt zu versuchen, die jeweiligen Schwächen zu beseitigen. Der Managementvordenker Marcus Buckingham schreibt in seinem Buch „Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt!“, dass sich die besten Führungskräfte dadurch auszeichnen würden, dass sie wissen, dass sich Menschen in ihrem Kern weniger verändern lassen als wir glauben und keine Zeit mit dem Versuch verschwenden, etwas herauszuholen, dass die Natur in ihnen nicht vorgesehen hat. „Stattdessen erkennen sie, was bereits vorhanden ist, und holen dies hervor.“

Stärkenorientierte Führung geht davon aus, dass die Talente eines Menschen dauerhaft und individuell sind und dass der größte Spielraum für eine Leistungssteigerung bei Menschen im Bereich ihrer größten Stärken liegt. Das bedeutet nicht, dass Schwächen oder Fehler ignoriert oder übersehen werden sollen. Wenn der Fokus jedoch zumindest ein wenig mehr auf die Dinge ausgerichtet ist, die gut gemacht werden, kann eine wesentlich produktivere Arbeitsatmosphäre entstehen. Darüber hinaus zeigt sich laut dem Marktforschungsinstitut Gallup eine Nebenwirkung, die in Zeiten des Fachkräftemangels an Wichtigkeit gewinnt: Menschen, die ihre Stärken jeden Tag nutzen können, sind 6 mal wahrscheinlicher an ihren Job gebunden – Stärkenorientierung ist also auch ein geeignetes Instrument zur Mitarbeiterbindung.

Stärkenorientierung klingt einfach – ist es aber nicht 

Führungskräfte neigen dazu, die Schwächen ihrer Mitarbeiter zu sehen und diese beheben zu wollen. Eine ganz natürliche Haltung, die auf drei Gründen beruht: Erstens fallen Fehler mehr auf als reibungslose Abläufe und effizientes Arbeiten, vor allem wenn die Folgen zu Mehrarbeit oder Beschwerden führen. Zweitens ist unser Gehirn seit jeher darauf geprägt, Probleme zu priorisieren.

Diese könnten schließlich Gefahr bedeuten und schnelles Handeln unsererseits erfordern. Problematische Situationen und Fehler stehen damit ganz automatisch im Fokus und wir reagieren stärker auf sie als auf die Dinge, die gut gelaufen sind. Zumal drittens auch unsere Erziehung und Sozialisation eine große Rolle spielen. Schon in frühen Jahren wird uns die Schwächenorientierung eingeprägt: Das hast du nicht gut genug gemacht! Dafür bist du noch zu klein! Du kannst das nicht! Lauter Aussagen, die wir in jungen Jahren verarbeiten müssen, und die in Kombination mit unserem Schulsystem dafür sorgen, dass der Fokus stets auf den „auszumerzenden“ Schwächen liegt.

Die Folge: Auch im Arbeitsleben herrscht ein Defizitdenken vor, das Menschen in ihrer Entwicklung einschränken kann und oft für negative Stimmung sorgt. Doch mit diesem Hintergrundwissen lässt sich ganz bewusst etwas daran ändern.

Stärkenorientierung bewusst umsetzen 

Vermutlich setzen Sie Ihre Mitarbeiter soweit möglich bereits nach deren Talenten und Stärken ein – die gewissenhafte, introvertierte Mitarbeiterin ist typischerweise eher im Bereich Abrechnung zu finden, während extrovertierte Mitarbeiterinnen, die gern mit Menschen zu tun haben, oft an der Anmeldung glücklicher (und effektiver) werden.

Darüber hinaus kann die Fokussierung auf Stärken und Erfolge schrittweise in den Alltag integriert werden. Ein Tipp, den ich in Seminaren gern gebe, lautet: „Erwischen Sie Ihre Mitarbeiter dabei, wie sie die Dinge richtig machen!“ Geben Sie Ihren Mitarbeitern Anerkennung für konkrete Dinge, die sie wirklich gut gemacht haben – bitte auch und gerade den „schwachen“ Mitarbeitern. Oft lässt sich hier durch mehr Selbstsicherheit schnell eine positive Veränderung erreichen. Bei Problemen sollte die Kommunikation nach einer Fehleranalyse möglichst zügig auf die Verbesserungspotenziale, positiv formulierte Ziele („…so stellen wir künftig sicher, dass…“) und eine Haltung der Lösungsorientierung umschwenken.

Fördern Sie auch die Stärkenorientierung im Team, beispielsweise durch die Einführung eines Erfolgstagebuchs. Diese eignen sich sehr gut, um den Blick auf Positives zu schärfen. Im Team-Erfolgsbuch lassen sich große und auch kleine Erfolge festhalten, beispielsweise das gelungene Beschwerdegespräch mit einem Patienten, eine ungewöhnliche Idee für die Behandlung Ihrer kleinen Patienten, eine tolle Formulierung für die Praxisformulare, der gekonnte Umgang mit einer heiklen Situation, der Abschluss eines Projekts zur Effizienzsteigerung im Terminsystem oder anderes.

Neben den Stärken sollten Sie auch die Motivationsfaktoren Ihrer Mitarbeiter im Blick haben. Es kann sich lohnen, mit dem Team eine Stärken- und Potenzialanalyse durchzuführen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein Klassiker ist beispielsweise das DISG- oder persolog Persönlichkeits-Modell, das mit wenig Aufwand aussagekräftige Ergebnisse liefert. Nähere Informationen dazu finden Sie in dem Buch „Das 1×1 der Persönlichkeit“ von Friedbert Gay und Lothar Seiwert. Und wenn Sie mögen, suchen Sie doch einmal bei Youtube nach dem „Pinguin-Prinzip“ und Eckart von Hirschhausen – dieser Kurzfilm zum Thema Stärkenorientierung wird Ihnen sicher ein Schmunzeln entlocken…